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Veranstaltungsinfo

Do, 16.05.2024
20.00 Uhr
Jazz

24,00 / 12,00

Regulär / bis 25 Jahre

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Veranstalter: Theaterforum Gauting e.V.

Erika Stucky: STUCKY YODELS

Erika Stucky spielt gern mit Elementen der Schweizer Folklore. Zusätzlich schwebt über allem ein Hauch von alpinem Voodoo.

Trotz ihrer Jodelkunst: Erika Stucky wird wohl kaum je vom "Musikantenstadel" eingeladen. Denn bei Stucky trifft Jodel auf Soul - und das Zäuerli kriegt den Blues.

Sie kehrt zurück zu ihren musikalischen Wurzeln. Zu den amerikanischen Cowboy Yodels und zu den Schweizer Jutz und Jodel. Offiziell. Inoffiziell spannt sie das Phänomen des Jodels rund um die Welt.  Sie packt in ihr neues Programm STUCKY YODELS erneut eine spannende Mixtur aus Stucky-Jodel, zusammen mit Swiss-Cowboy-African-Yodels, typischen Stucky-Kompositionen und ausgewählten Zitaten, von Janis Joplin, Bob Dylan, The Doors, Johnny Cash und Screaming Jay Hawkins. 
Mit der von ihr gewohnten Exzentrik präsentiert Stucky einmal mehr sämtliche Spielarten ihrer Wandlungsfähigkeit als Musikerin und Performerin. Sie traumwandelt zu einem Gletschervideo, fläzt sich im roten Wohnzimmersessel und wirft dabei grossartige Schattenrisse auf die Leinwand. 

Neu mit in der "Stucky-Family“ ist der Gitarrist Oli Hartung. Kaum ein anderes Instrument vermag das bluesige Zäuerli (ein wortloser Naturjodel) dermaßen stimmig zu begleiten, wie die Gitarre. Hartung ist als Lehrer an der Swiss Jazz School in Bern und in zahlreichen populären Bandformationen aktiv. Er wirkt zudem als Theater- und Filmkomponist (so die Musik für den Tatort "Chaos").

ERIKA STUCKY, vocals, accord,  film
OLI HARTUNG, guitar

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Nach(t)kritik
Sie hat Brot
Nach(t)kritik von Paul Schäufele

Ist das eine Baustelle? Um diese Uhrzeit? Am Anfang lässt es sich noch weghören, doch dann wird es immer lauter. Klirrend, klappernd, rasselnd nähert sich etwas, später werden auch Silben in einer fremden Sprache vernehmlich. Irritiertes Kichern im Publikum. Doch spätestens jetzt lässt es sich nicht mehr ignorieren: Die Frau, die mit Bierkrügen und Besteck Lärm macht, ist im Saal, geht die Wände ab. Der Auftritt von Erika Stucky hat etwas von einem Ritual. Hier wird Schwermut ausgetrieben, mit Witz, Gesang und einem in seiner fiebertraumartigen Originalität umwerfenden Bühnenprogramm.

Eine rote Pferdedecke als Rock umgebunden, bringt sich die Künstlerin gleich selbst ins Spiel. Eine sprechsingend vorgetragene Erinnerung fungiert als Schlüssel zum Kosmos „Stucky“, der an diesem Abend entwickelt wird. Geboren in San Francisco, wollte das Mädchen Hula-Tänzerin werden: „I’m gonna make everyone happy“, sagt sie. Die Familie zieht ins Wallis, dort sagt ihr die Lehrerin, als sie von den Ambitionen der neuen Schülerin erfährt, knapp „Hör auf mit dem G’seich“. Die Anekdote steht für vieles. Für Erika Stuckys Gesangskunst etwa, die vordergründig eine aparte Mischung aus Jazz und Jodeln ist, für ihren Sprachwitz, der US-amerikanisches Englisch und Schweizer Hochdeutsch wild durcheinanderwirbelt, aber auch für die innere Zerrissenheit zwischen der Weite Nordamerikas und der kleinen Schweiz. Hinter Stucky und ihrem Gitarristen Oli Hartung bewegen sich Engadiner Ziegen in Zeitlupe.

Dabei wechseln in Stuckys artistischer Vision die Gedanken so schnell wie die Register ihrer Stimme, etwa wenn sie den Country-Klassiker „I Wanna Be a Cowboy’s Sweetheart“ stilecht jodelt und es dennoch fertigbringt, ironische Kommentare einzuflechten. Ihre eigene Komposition „Do Like the Good Woman Do“ bespielt dasselbe Thema und dieselbe Doppeldeutigkeit: sich an seiner Originalität zu freuen, dabei aber zu wissen, dass Erwartungen unterlaufen werden, wenn man sich zu offenkundig an der eigenen Originalität freut. Und um diese Originalität weiß Stucky gut bescheid. Sie sei wie Obelix, der in den Zaubertrank gefallen ist – ihr müsse man kein LSD mehr geben, sie nimmt die Welt ohnehin etwas anders wahr als die meisten Leute. Sagt sie und schiebt einen Stuhl über die Bühne: „Haben Sie gehört, wie gut das tönt?“, fragt sie ins fast voll besetzte Bosco. Anschließend wird sie Schattenspiele mit den Ziegen spielen, die immer noch im Hintergrund herumturnen.

Und so schnell sie von einem mit ihrer schönen, leicht nasalen Stimme gesungenen Songs in den nächsten schmilzt, so schnell kommt sie von einer Beobachtung zur nächsten. ‚Brot haben‘ ist ein Ausdruck im Schweizerdeutschen, erklärt sie. Er bedeute so viel wie ‚Chancen haben‘. Darum gehe es auch in ihrem nächsten Lied („I Can’t Compete“) , das sie zu einem eigenen Kurzfilm vorträgt. Erika Stuckys Kunst ist höchst persönlich und gerade darum so dringlich. Hier setzt sich eine ein, ohne Wenn und Aber, macht sich verletzbar, indem sie die eigenen Brüche in der Biographie mit Schwung auf die Bühne bringt. Zum Schluss noch mit Klängen, die Prince und Irving Berlin ineinanderschieben. Das kann nur Erika Stucky und dafür wird sie gefeiert.

Hula-Tänzerin ist sie nicht geworden, aber die Leute macht sie trotzdem glücklich. Sie danken mit lebendigstem Beifall.