Der Salmen

Seit dem 14. Mai 2022 ist der Salmen nach zweijähriger Umbauphase als moderner Erlebnis- und Erinnerungsort für die Öffentlichkeit zugänglich. 200 Jahre Demokratiegeschichte, aber auch aktuelles Demokratiegeschehen werden im Salmen multimedial und interaktiv erlebbar. Schauen Sie vorbei – das Salmen-Team freut sich auf Sie!
 
Öffnungszeiten:
Dienstag, Donnerstag, Freitag: 14-20 Uhr
Samstag, Sonntag, Feiertage (außer Montag und Mittwoch): 11-17 Uhr
Montag, Mittwoch geschlossen
 
Alle Informationen rund um den Salmen und Ihren Besuch im Haus unter www.der-salmen.de
 
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Den Teaser zum Salmen-Film finden Sie unter: https://youtu.be/qs1nnvPzwis
 
 
Der Salmen Offenburg – Ein Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung

Wirtshaus. Pferdestall. Festsaal. Synagoge. Elektroladen. Der Salmen ist ein Verwandlungskünstler. Bedauerlicherweise können seine alten Säulen nicht von seiner wechselvollen Geschichte erzählen. Darum tun wir es hier.

Salmen heißen im Badischen viele Wirtshäuser. Im alemannischen ist es das Wort für „Lachs“ und kommt ursprünglich aus dem Lateinischen „salmo“. Ein Wanderfisch. Auch wenn er weg ist – es gibt ihn. Er kommt gewiss wieder. Es sei denn, er wird ausgerottet. So schien es einige Jahrzehnte. Wenn die Bedingungen sich verbessern, kann er wieder gedeihen, in Rhein und Kinzig. Er ist ein Überlebenskünstler, der Lachs. Der Salmen. So wie die Freiheit eine Überlebenskünstlerin ist. Eine, die gedeihen kann, wenn wir sie lassen. Welchen passenderen Namen kann ein Haus führen, das all das ist: Symbol für die Freiheit. Für die immerwährenden Bemühungen darum. Symbol für den totalen Verlust der Freiheit. Und für ihre Wiedererlangung. Symbol für das gesellschaftliche Bekenntnis zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.

 

Das "Haus der Geschichte Baden-Württemberg" erklärt den Salmen in einem Video

 

Erstmalig erwähnt wurde das Bauwerk im Offenburger Ratsprotokoll als Straußwirtschaft, Poststation und Werbelokal für Soldaten im Jahr 1787. Der Wirt Xaver Alexander beantragte 1806 den Bau eines Festsaals über den Stallungen. Ab dem 17. April 1822 prangte dann das Schild „Zum Salmen“ am Haus. „Am nächsten Sonntag, den 12. September, Mittags 1 Uhr, findet im hiesigen Gasthause zum Salmen eine Versammlung von Verfassungsfreunden aus verschiedenen Theilen des Landes Statt, zum Zwecke gegenseitiger Besprechung und Verständigung.“ Diese wenigen Zeilen im Offenburger Wochenblatt von 1847 markieren den Beginn der demokratischen Bewegung in Baden. Der Einladung folgen rund 900 Menschen. Dicht gedrängt hören sie im Saal die Proklamation der „13 Forderungen des Volkes in Baden“, des ersten Grundrechte-Katalogs in Deutschland.

 

Die Autoren sprechen sich für Geistes- und Pressefreiheit, Gewissens- und Lehrfreiheit, Vereins- und die Versammlungsfreiheit aus. Sie verlangen Geschworenengerichte und eine gerechte Besteuerung. Heute bilden diese Forderungen das Fundament unseres Grundgesetzes und finden sich in der europäischen Verfassung wieder.

 

Dass sich die „entschiedenen Freunde der Verfassung“ um Friedrich Hecker und Gustav Struve in Offenburg trafen, hatte zwei maßgebliche Gründe. Zum einen verfügte Offenburg über einen Eisenbahnanschluss, zum anderen hatte Offenburg mit Gustav Rée einen jungen und liberalen Bürgermeister. Die Versammlung im Salmen und die folgende Badische Revolution von 1848/49 endete für die Protagonisten mit Flucht oder Gefängnis. Am Ort des Geschehens sind die 13 Forderungen auf der Empore symbolhaft dargestellt, die Fenster zum Saal zeigen Porträts der Versammlungsteilnehmer. An der Wand der Blick auf eine zeitgenössische Wirtshaustafel mit Brot und 

Käse, Tellern und Weinkrügen. Die Requisiten geben bei Berührung Tischgespräche von damals wieder. Gespräche, die sich um Freiheit drehen. Um Demokratie, die Republik, die Deutsche Einheit. Und um die Revolution. Ironie der Geschichte: Aufpasser und Denunzianten waren die unfreiwilligen Chronisten, denen man die  historischen Zeugnisse verdankt. Die Inhalte dieser Unterhaltungen stammen aus den sehr detailreichen und bis heute erhaltenen Spitzel-Protokollen.

 

 Quelle:  Klaus Hohnwald

 

Knapp 30 Jahre nach der Verkündung der Forderungen und der verlorenen Revolution erfährt der Salmen eine Umwidmung. 1875 erwirbt die jüdische Gemeinde den Komplex, nutzt ihn als Synagoge. Im neuen deutschen Kaiserreich ❯ trägt ein emanzipiertes und gebildetes Judentum aktiv zum gesellschaftlichen und kulturellen Leben bei. Niemand kann sich vorstellen, was 63 Jahre später hier passiert. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, der sogenannten Reichspogromnacht, plündern und zerstören die NS-Aktivisten und Offenburger Bürger das Gebetshaus.

 

Die Ereignisse sind im hinteren Teil der Empore dargestellt. Eine Kopie der mit einem Hakenkreuz geschändeten Thorarolle erinnert bis heute an diese Nacht. Rund 200 Fotografien zeigen die Mitglieder der damaligen jüdischen Gemeinde. Nach dem Krieg erhält der Oberrat der Israeliten in Baden das Gebäude zurück. Dieser verkauft es weiter, denn in Offenburg gibt es keine jüdische Gemeinde mehr. Aus der Wiege der Demokratie, dem Gotteshaus, dem Ort des Schreckens wird – ganz profan – ein Elektrohandel. Fast 50 Jahre dauert es, bis der Salmen eine neue Perspektive als Stätte deutscher Geschichte, als Mahnmal der positiven wie der negativen Aspekte bekommt.

 

1997 gedenkt Offenburg mit einem großen Erinnerungsfest der „entschiedenen Freunde der Verfassung“ und ihrem Ruf nach Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit. 150 Jahre ist es inzwischen her, dass der spätere Revolutionsführer Friedrich Hecker die 13 Forderungen des Volkes Baden im Salmen verkündete. Endlich erhält das Gebäude die ihm gebührende Aufmerksamkeit. Im selben Jahr kauft die Stadt Offenburg den Bau. Das Architekturbüro Wörner und Partner entwirft das Ensemble, wie wir es heute kennen. 2002 wurde der Salmen in den Stand eines „Kulturdenkmals von nationaler Bedeutung“ erhoben. Inzwischen kennen und lieben die Offenburger ihren Salmen vor allem als Veranstaltungs-Stätte. Mehr als 150 Veranstaltungen pro Jahr erleben sie hier. Und auch der Offenburger Gemeinderat tagt in dem Saal.

Text: Natalie Butz

Der Salmen ist Teil der Orte der Demokratiegeschichte

 
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